Kündigungsschutz: allgemein und besonders
c.) Kündigungsschutz
In verschiedenen Gesetzen wird für Arbeitnehmer ein Kündigungsschutz statuiert. Von Arbeitgeberseite wird dieser Kündigungsschutz häufig als starker Eingriff in die unternehmerische Freiheit verstanden. Der Kündigungsschutz dient jedoch heutzutage vor allem dem Schutz abhängig beschäftigter Arbeitnehmer vor willkürlichen Entscheidungen, die einen tiefen Einschnitt in die persönliche Lebensführung des Arbeitnehmers bedeuten können. Zudem ist die Arbeitskraft meist die einzige Existenzgrundlage des Arbeitnehmers. Unterschieden wird in allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz.
aa.) Allgemeiner Kündigungsschutz nach KSchG
(1) Anwendungsbereich
Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) findet auf Arbeitsverhältnisse Anwendung, die mindestens seit sechs Monaten ununterbrochen im selben Betrieb oder Unternehmen bestehen, § 1 Abs.1 KSchG. Weiter ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber im selben Betrieb in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, § 23 Abs.1 KSchG. Teilzeitbeschäftigte werden entsprechend der Dauer ihrer Beschäftigungszeit gezählt. Bis zum 31.12.2003 genügten auch mehr als fünf Arbeitnehmer. Damals geschützte Arbeitsverhältnisse gelten auch weiterhin als geschützt, wenn mindestens vier Alt-Arbeitnehmer immer noch beschäftigt sind.
(2) Kündigungsgründe
Sofern nunmehr der Anwendungsbereich des KSchG eröffnet ist, sind ordentliche Kündigungen nur noch dann zulässig und mithin wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt sind. Sozial gerechtfertig ist eine Kündigung, wenn ein verhaltens-, personen- oder betriebsbedingter Kündigungsgrund iSv § 1 Abs.2 KSchG vorliegt und dieser einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegensteht. Insoweit wird von dem zivilrechtlichen Grundsatz, dass eine ordentliche Kündigung keines Grundes bedarf, eine Ausnahme gemacht. In der Rechtswirklichkeit fällt allerdings die Mehrzahl der Arbeitsverhältnisse unter das KSchG, sodass hier die Ausnahme zur Regel wird.
Bei einer personenbedingten Kündigung liegt ein Grund in der Person des Arbeitnehmers, der dazu führt, dass für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses eine negative Prognose abgegeben werden kann. Führt diese Prognose auf Dauer zu einer Erschütterung des dem Arbeitsverhältnis innewohnenden Gegenseitigkeitsgrundsatzes, kann gekündigt werden. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung ist dies beispielsweise der Fall, wenn erstens weitere Erkrankungen im bisherigen Umfang prognostiziert werden können oder eine Wiederherstellung der Arbeitskraft nicht absehbar ist, es zweitens zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen kommt und drittens eine Interessenabwägung ergibt, dass dem Arbeitgeber keine anderweitigen Überbrückungsmaßnahmen zuzumuten sind. Dabei kommt es jedoch stets auf den Einzelfall an. Weitere Beispiele sind mangelnde körperliche oder geistige Eignung, unterdurchschnittliche Leistungsfähigkeit und Ungeschicklichkeit.
Eine betriebsbedingte Kündigung ist möglich, wenn der Arbeitsplatz des betreffenden Arbeitnehmers durch dringende betriebliche Erfordernisse wegfällt, eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt, dadurch der zu kündigende Arbeitnehmer konkretisiert wurde und für diesen Arbeitnehmer keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen des Arbeitgebers besteht, § 1 Abs.2 und 3 KSchG.
Betriebliche Erfordernisse für Kündigungen können ein Überhang an Arbeitskräften, wirtschaftliche Schwierigkeiten oder unternehmerische Umstrukturierungen sein. Maßgeblich ist nicht, ob die jeweilige unternehmerische Entscheidung wirtschaftlich vernünftig oder rentabel ist. Die arbeitsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich stattdessen auf eine Willkürkontrolle. Die Kündigung muss zudem verhältnismäßig sein, also insbesondere ein geeignetes Mittel zur Reaktion auf die betrieblichen Erfordernisse darstellen und erforderlich sein. Letzteres ist sie, wenn das Beschäftigungsbedürfnis dauerhaft entfallen ist und dem betrieblichen Erfordernis einer Kündigung nicht durch andere technische, organisatorische oder wirtschaftliche Maßnahmen entsprochen werden kann.
Im Rahmen der Sozialauswahl muss schließlich die Auswahl des zu entlassenden Arbeitnehmers sozialen Gesichtspunkten entsprechen. Dabei geht es um die Frage, welcher von mehreren in Betracht kommenden Arbeitnehmern auf die Erhaltung seines Arbeitsplatzes am wenigsten angewiesen ist. Das Gesetz nennt hierbei die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, Unterhaltsverpflichtungen und Schwerbehinderungen als maßgebliche Kriterien, § 1 Abs.3 KSchG. Allerdings ist der Arbeitgeber nicht gezwungen sämtliche junge, unverheiratete und hochqualifizierte Spitzenkräfte zu entlassen. Auch die Bedürfnisse des Unternehmers, wie die Sicherung von Kenntnissen, Leistungsfähigkeit und eine ausgewogene Personalstruktur, sind im Rahmen der Sozialauswahl berücksichtigungsfähig.
Um langwierige Rechtsstreitigkeiten über die Wirksamkeit betriebsbedingter Kündigungen zu vermeiden, kann der Arbeitgeber in seiner Kündigungserklärung den Arbeitnehmer auf einen Abfindungsanspruch hinweisen, § 1a KSchG. Erhebt der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage, entsteht ein Abfindungsanspruch in Höhe eines halben Monatsverdienstes pro Beschäftigungsjahr.
Schließlich kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht, wenn aufgrund eines Verhaltens des Arbeitnehmers das gegenseitige Vertrauensverhältnis der Parteien so erschüttert ist, dass der Arbeitgeber davon ausgehen kann, dass sich dieses Verhältnis auf absehbare Zeit nicht wieder bessern wird. Dann kann gekündigt werden. Beispielhaft sei an dieser Stelle wiederholtes unentschuldigtes Fehlen, Trunkenheit am Arbeitsplatz, Beleidigungen von Kollegen oder Diebstahl von Arbeitgebereigentum.
Beachte: Vor einer verhaltensbedingten Kündigung muss grundsätzlich eine Abmahnung erfolgen, wenn die Erwartung begründet ist, dass sich der Arbeitnehmer künftig auf Grund der Abmahnung vertragsgerecht verhalten wird. Gekündigt werden kann dann erst im Wiederholungsfall. Die Abmahnung dient dabei, entgegen häufig anzutreffender Meinung, nicht der „Abstrafung“ des Arbeitnehmers für ein pflichtwidriges Handeln. Vielmehr ist ihr Zweck darin zu sehen, den Arbeitnehmer für die Zukunft auf seinen Fehler aufmerksam zu machen (Hinweisfunktion), ihm vor Augen zuführen, dass es sich um eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung handelt, ihm mitzuteilen wie er richtig zu handeln hat (Ermahnungsfunktion) und ihm die Konsequenzen eines nochmaligen Verstoßes vor Augen zu führen (Warnfunktion). Zugleich wird das Geschehen durch die Abmahnung dokumentiert.
bb.) Besonderer Kündigungsschutz
Ein Arbeitsverhältnis kann auch dann nicht ordentlich gekündigt werden, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben oder vertraglich ausgeschlossen ist, sog. Unkündbarkeit. Ein vertraglicher Ausschluss kann durch Kollektiv- oder Einzelvereinbarung erfolgen. Spezielle gesetzliche Kündigungsverbote existieren unter anderem für betriebliche Funktionsträger wie Betriebsratsmitglieder (§ 15 KSchG), um zu verhindern, dass sie allein wegen ihrer Amtsführung entlassen werden. Auch sind Frauen, während der Schwangerschaft bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unkündbar, § 9 MuSchG (Mutterschutzgesetz). Einen vergleichbaren Kündigungsschutz bietet § 18 BEEG acht Wochen vor und während der Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz). Darüber hinaus ist nach § 22 Abs.2 Nr.2 BBiG (Berufsbildungsgesetz) die ordentliche Kündigung von Auszubildenden nach Ablauf der Probezeit ausgeschlossen.