C. Rechtsquellen: Arbeits- und Tarifvertrag

Die Rechtsquellen des Arbeitsrechts finden sich im Arbeitsvertrag selbst, in Tarifverträgen,
Betriebsvereinbarungen, dem einfachen Recht, dem Verfassungsrecht und dem Europarecht. Im Folgenden soll das Verhältnis individualvertraglicher und kollektivvertraglicher Regelungen dargestellt werden.

I. Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag regelt als schuldrechtlicher Vertrag zu allererst die gegenseitigen Pflichten und Rechte der Parteien. Die einschlägigen schuldrechtlichen Vorschriften finden sich dazu zunächst in den §§ 611 bis 630 BGB sowie in zahlreichen Nebengesetzen. Der Arbeitsvertrag ist ein besonderer Dienstvertrag, welcher zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber abgeschlossen wird und Mittel der Inhaltsgestaltung des Arbeitsverhältnisses ist. Allerdings wird die Gestaltungsfreiheit durch Gesetz und Kollektivvereinbarungen (Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung) begrenzt.

II. Tarifvertrag

Das Recht Arbeitsbedingungen in Tarifverträgen auszuhandeln, resultiert aus Art. 9 Grundgesetz, der sog. Koalitionsfreiheit. Tarifverträge werden zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden bzw. unmittelbar mit Arbeitgebern abgeschlossen. Sie werden unterteilt in einen schuldrechtlichen und in einen normativen Teil. Der schuldrechtliche Teil regelt die Beziehung der Vertragsparteien zueinander. Er entfaltet nur zwischen diesen Vertragsparteien Wirksamkeit. Der normative Teil wirkt hingegen gesetzesgleich, d.h. unmittelbar und zwingend, auf die betroffenen Arbeitsverhältnisse ein. Dies bedeutet, dass ein einzelner Arbeitnehmer unmittelbar Rechte aus einem für sein Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifvertrag ableiten kann.

Entscheidend ist dabei, ob der Tarifvertrag auf das jeweilige Arbeitsverhältnis Anwendung findet. Dies ist der Fall, wenn beide Parteien des Arbeitsverhältnisses Mitglied in den tarifschließenden Verbänden beziehungsweise Gewerkschaften sind, die den einschlägigen Tarifvertrag abgeschlossen haben und der Tarifvertrag fachlich und räumlich für die Parteien gilt. Weiterhin kann auf Tarifverträge durch einen entsprechenden Verweis im Arbeitsvertrag Bezug genommen werden. Eine dritte Möglichkeit ergibt sich durch die Allgemeinverbindlichkeit eines Tarifvertrags. Unter bestimmten Voraussetzungen können Tarifverträge durch das Bundesministerium für Arbeit für allgemeinverbindlich erklärt werden (z.B. sog. Mindestlohntarifverträge). Voraussetzung dafür ist ein Antrag der tarifschließenden Parteien sowie ein bestimmter Grad der Geltung des jeweiligen Tarifvertrags in der betroffenen Branche, weiterhin muss ein entsprechendes Bedürfnis für die Allgemeinverbindlichkeit bestehen. Schließlich können tarifvertragliche Regelungen durch betriebliche Übung Inhalt des Arbeitsvertrages werden. Die betriebliche Übung ist ein von der Rechtsprechung und Lehre entwickeltes Rechtsinstitut. Dabei wird angenommen, dass ein Arbeitgeber durch die wiederholte Erbringung bestimmter (tarifvertraglicher) Leistungen, zu denen er aus den oben genannten Rechtsgründen eigentlich nicht verpflichtet ist, erklärt diese auch in Zukunft erbringen und zum Inhalt des Arbeitsvertrages machen zu wollen. Zur Annahme einer betrieblichen Übung muss jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob tatsächlich ein Rechtsbindungswille des Arbeitgebers anzunehmen ist bzw. ob die Arbeitnehmer aufgrund des Verhaltens des Arbeitgebers auf eine weitere Erbringung dieser Leistungen vertrauen durften. Dem Entstehen einer betrieblichen Übung kann der Arbeitgeber etwa dadurch entgegenwirken, dass er schon bei Gewährung der Leistung jede Bindung für die Zukunft ausschließt (Freiwilligkeitsvorbehalt) oder sich vorbehält, die Leistungszusage später zu widerrufen (Widerrufsvorbehalt).